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Date: 2000-09-07
DE: Nazis, Netz, Verfassungsschutz
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[prae/scrypt: Die wohl witzigste Passage findet sich ganz unten]
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relayed by
Achim Sawall <achim@de.internet.com>
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de.internet.com im Gespräch mit dem Verfassungsschutz über
ungenutzte Möglichkeiten
Ein Großteil der in Deutschland gesperrten Nazi-Homepages weicht
gegenwärtig zu Providern in die USA aus. Der deutsche
Verfassungsschutz behauptet, gegen solche Maßnahmen machtlos
zu sein. Doch deutsche Neonazis machen sich auch durch
Handlungen im Ausland strafbar und könnten hierzulande verhaftet
werden.Auch ihre Identität ist zu entschlüsseln, ein Insider sagt, wie
das geht: "Den Inhaber einer US-Domain bekommt man über WHOIS-
Suche heraus. Das ist natürlich nicht notwendigerweise die Person,
die die Inhalte wartet. Um die zu finden, hackt man den Webserver
und beobachtet, von welcher IP aus neue Dateien upgeloaded
werden. Dann muss die deutsche Regierung über diplomatische
Kontakte einen richterlichen Beschluss erwirken und über andere
Wege vom Provider, dem diese IP gehört, die Identität der
dahinterstehenden Person ermitteln. Dies kann bei Fake-Accounts,
gehackten Multi-Hops oder unkooperativen Auslands-Providern
beliebig schwierig sein, ist aber möglich".
de.internet.com sprach mit einer Sprecherin des
Verfassungsschutzes über die ungenutzten Möglichkeiten bei der
Beobachtung von Nazis.
de.internet.com: Ein 28-jähriger Oberfeldwebel aus der Moltke-
Kaserne in Dabel (Mecklenburg-Vorpommern) hatte die Domain heil-
hitler.de für sich sichern lassen. Der ehemalige stellvertretende
Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen Republikaner,
Reinhard Wendt, hat unlängst bei der Denic die Domain adolf-
hitler.de registriert. Andere neofaschistische Webmaster sind klüger,
sie registrieren sich anonym für Subdomains, um unerkannt
operieren zu können. Fehlt Ihrer Behörde die Kompetenz oder der
Wille, solche braunen Gesinnungstäter auch mit Hilfe von privaten
Sicherheitsfirmen wie dataprotect in München aufzuspüren?
Verfassungsschutz: Unserer Behörde fehlt weder der Wille, noch
fehlen die Kenntnisse, um gegen Rechtsradikale - wir sprechen nicht
von "Neonazis"-, zu ermitteln. Wir können aber aus
datenschutzrechtlichen Gründen nicht mit privaten Firmen
zusammenarbeiten...
de.internet.com: ...mit privaten V-Leuten aber schon?
Verfassungsschutz: Es gibt keine privaten V-Leute. Das ist ein ganz
anderer Bereich. Außerdem äußern wir uns dazu überhaupt nicht.
Sie können sicher sein, dass wir, als die am strengsten kontrollierte
Bundesbehörde in Deutschland überhaupt, mit dem Thema nicht
salopp umgehen. Unsere Mitarbeiter sind aber technisch sehr
kompetent, da können Sie sicher sein. Wenn Sie schlauer sind als
die deutschen Sicherheitsbehörden, was ich bezweifle, dann können
Sie uns aber gerne Ihre Vorschläge zukommen lassen.
de.internet.com: Tatsache ist, Webmaster mancher brauner Site
betreiben seit Jahren unangefochten aus dem Ausland anonym
neofaschistische Propaganda, was tut der Verfassungsschutz
dagegen?
Verfassungsschutz: Über 70 Prozent der in Deutschland gekündigten
Sites weichen ins Ausland aus. Es gibt wenig bis gar nichts, was
man dagegen tun kann. Aber das, was machbar ist, machen wir.
de.internet.com: Zur Machbarkeit. Die Site des anarchistischen
Magazins 'radikal' auf dem niederländischen Server xs4all.nl wurde
im Dezember 1995 von bundesdeutschen Behörden unter dem
Vorwurf des Aufrufs zur Gewalt blockiert. Wann wurden solche
Maßnahmen gegen neofaschistische Sites durchgeführt?
Verfassungsschutz: Wir blockieren gar nicht, wenn das passiert, dann beantragt das die Staatsanwaltschaft. Die unterschwellige Unterstellung, nach der wir gegen Linksextremismus stärker aktiv würden als gegen Rechtsextrem
ismus, muss ich zurückweisen, das stimmt nicht.
de.internet.com: Im Falle des E-Mail-Wurms "ILOVEYOU" haben die Strafverfolgungsbehörden ja sehr schnell länderübergreifend zueinandergefunden. FBI-Vertreter ermitttelten in Manila. Wie suchen Sie international die Zusamm
enarbeit, um der Täter, die etwa auf Servern in den USA ihre Sites hosten, habhaft zu werden?
Verfassungsschutz: Das ist Sache des BKA. Unsere Tätigkeit endet an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland. Zu den internationalen Versuchen, gerade mit den USA in solchen Fällen ins Gespräch zu kommen, äußerte sich j
a kürzlich Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin.
de.internet.com: Neofaschistische Organisationen sind auch heute schon nach geltendem Recht verboten, und dieses Verbot muss nur endlich ausgesprochen und vollzogen werden. In Artikel 139 des Grundgesetzes heißt es: Die z
ur 'Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus' erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt. Unmissverständlich steht im heute noch gültigen Ko
ntrollrats-Gesetz Nr. 2 vom 10.10.1945 zur Auflösung und
Liquidierung der Nazi-Organisationen: "Die Neubildung irgendeiner
der angeführten Organisationen, sei es unter dem gleichen, oder
unter einem anderen Namen, ist verboten." Das Verbot faschistischer
Parteien und Organisationen und ihrer Propaganda ist offline wie
online also überhaupt nicht kompliziert, oder?
Verfassungsschutz: Ich verstehe die Frage nicht so ganz. So
oberlehrerhaft das auch klingt, muss ich hier wohl Aufklärung über
die politischen Grundlagen unseres Staates bei Ihnen betreiben.
Verbote von Parteien gab es in der Geschichte der Bundesrepublik
nur zweimal, und das war immer sehr, sehr hoch angesetzt. Ein
allgemeines Verbot wie Sie es fordern ist unmöglich, weil immer die
Anwendung von Gewalt, und zwar nicht von Einzelperson, sondern
als Organisation, nachgewiesen sein muss...
de.internet.com: ...gerade das ist aber nötig, damit die Neonazis
Verbote nicht durch Neugründungen immer wieder unterlaufen.
Verfassungsschutz: ...seit 1990 wurden bisher 18 rechtsradikale
Organsiationen verboten.
de.internet.com: ...das ist kein allgemeines Verbot...
Verfassungsschutz: Herr Sawall, wir leben in einem Rechtsstaat!
de.internet.com: Wir danken für das Gespräch.
Source
http://de.internet.com/homepage/artikel/2000/09/06/1006809/index.shtml
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edited by Harkank
published on: 2000-09-07
comments to office@quintessenz.at
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